Hanna Löv
STUDIUM | 1919-1923 Technische Hochschule München |
MITARBEIT | 1924–1940 Hochbauamt der Oberpostdirektion München |
1940–1945 Hochbauamt der Reichsbahndirektion München | |
1950–1958 Universitätsbauamt München |
1 TUM Archiv, Personalakt Hanna Löv, Anmeldebogen
2 Laura Altmann: Regierungsbaumeisterin in Deutschland - Die Architektin Hanna Löv (1901-1995), Birkhäuser Verlag, Basel 2021, S. 11 f. und S. 54 f.
Hanna Löv wird 1901 in München geboren. Zusammen mit ihrer Schwester wächst sie bei ihrem Vater, einem Buchbindermeister, im Stadtteil Maxvorstadt auf. Hier besucht sie die Volksschule und das städtische Mädchengymnasium an der Luisenstraße. Nach ihrer Reifeprüfung schreibt sie sich zum Wintersemester 1919/1920 an der Architekturfakultät der Technischen Hochschule München ein.¹ Die praktische Studienleistung erbringt sie im Architekturbüro von Fritz Hassmer. Im Jahr 1923 legt sie ihre Diplomhauptprüfung bei German Bestelmeyer und Heinrich von Schmidt mit der Note „sehr gut“ ab. Im Anschluss beginnt sie ein Baureferendariat in der Oberpostdirektion München unter der Leitung von Robert Vorhoelzer, der als Professor an der TH München hierfür die Besten eines Jahrgangs auswählt. Nach dem dreijährigen Referendariat schließt Hannah Löv das Staatsexamen für den höheren Dienst im Hochbauamt als beste Teilnehmerin „mit Auszeichnung“ ab. Fortan arbeitet sie bis 1940 als erste Regierungsbaumeisterin im Hochbauamt der Reichspostdirektion München.² Ihre Aufgaben, die vom Entwurf bis zur Abrechnung für technische Gebäude und amtliche Bauten, Wohnanlagen und Möbel reichen, unterscheiden sich nicht von jenen ihrer männlichen Kollegen. Aber ungeachtet auch ihres überdurchschnittlichen Abschlusses und der jahrelangen, zuverlässigen Arbeit in den verschiedenen Behörden, erlangt sie aufgrund ihres Geschlechts nie ein Beamtenverhältnis.
Unabhängig von ihrer Anstellung kann Löv alleine den Wettbewerb für die Großsiedlung am Walchenseeplatz gewinnen, die sie in Zusammenarbeit mit Carl Jäger umsetzt. Außerdem beteiligt sie sich 1930 bei der Berliner Ausstellung „Die gestaltende Frau“ und knüpft Kontakte zur bayerischen Frauenbewegung.
Hanna Löv befasst sich neben ihrer Arbeit als Architektin auch mit dekorativen Illustrationen für Karten und Briefmarken. Nach 1933 ist sie zudem mit grafischen Arbeiten beschäftigt, die der Propaganda nationalsozialistischen Gedankenguts dienen. Im Jahr 1940 wechselt sie in das Hochbauamt der Reichsbahndirektion, wo sie nach kurzer Zeit eine Führungsposition bekleidet. Dort ist sie mit Zweck- und Verwaltungsbauten, die auch für die SS entstehen, sowie kleineren Bahnhöfen und der sogenannten Tarnplanung betraut.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wird Hanna Löv nicht weiter beschäftigt und nimmt daraufhin als freie Architektin Planungen für private Wiederaufbauten sowie für die Gestaltung von Möbeln und Grabmalen an. Außerdem arbeitet sie für die Dauer eines Jahres mit Carl Sattler am Gebäude der Zweiganstalt der Landeszentralbank von Bayern sowie zusammen mit Willhelm Wichtendahl an einem Museumsprojekt. Ab 1945 absolviert sie eine Lehre zur Buchbinderin und eröffnet ein eigenes Atelier für Werbegrafik. Nach Abschluss ihres Entnazifizierungsverfahrens und der Einstufung als „Mitläufer“ erhält sie im Jahr 1951 wieder eine behördliche Anstellung unter Robert Vorhoelzer im Universitätsbauamt der TH München. Hier zeichnet sie maßgeblich für den Bau der Chemischen Institute verantwortlich. 1957 muss Hanna Löv diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen beenden und arbeitet nach ihrer Genesung bis zur Pensionierung noch einmal für kurze Zeit als Angestellte in der Bayerischen Staatsbauverwaltung.
Sie stirbt 1995 im Alter von 94 Jahren in München.
Hanna Löv in einem selbstverfassten Gedicht, Strophe 1-2, undatiert, Architekturmuseum der TUM, Signatur loev-85-12
Was Wunder, daß es Löwen gibt! Daß es auch eine Lövin gibt Ist vielen neu!
Daß diese Lövin Architekt, Nicht in der Wüste Zähne bleckt, Ist vielen neu!

Hanna Löv, Portrait undatiert, Foto: unbekannt, Quelle: Architekturmuseum der TUM, Signatur: loev-144-1005
WERKAUSWAHL
1924
Postamt Reisbach
mit Robert Vorhoelzer, Sigmund Schreiber, Franz Lochbrunner, Edmund Haas, Oberpostdirektion München, Markt Reisbach
1924
Postamt Seeshaupt
mit Robert Vorhoelzer für die Oberpostdirektion München, Seeshaupt am Starnberger See
1925
Postamt Wolfratshausen
mit Franz Holzhammer, Hans Schnetzer, Oberpostdirektion München, Wolfratshausen
1925
Postamt Kronach
mit Franz Simm, Heinrich Lömpel, Oberpostdirektion Bamberg, Kronach
1925
Erholungsheim Marquartstein Marquartstein
1926
Postamt Bernau
mit Robert Vorhoelzer, Oberpostdirektion München, Bernau am Chiemsee
1927
Walderholungsstätte
Oberpostdirektion Bamberg, Strullendorf
1927
Siedlung Harlaching
mit Heinz Moll, München-Harlaching
1928
Postversuchssiedlung Arnulfstraße
mit Robert Vorhoelzer, Walther Schmidt, Heinz Schmeißner, Magnus Mayer, Erna Meyer, Oberpostdirektion München, München-Neuhausen
1928
Postamt Bad Tölz
mit Robert Vorhoelzer, Karl Schreiber, Josef Hillerbrand, Oberpostdirektion München, Bad Tölz
1928
Postamt Starnberg
mit Robert Vorhoelzer, Hans Schnetzer, Oberpostdirektion München, Starnberg
1928-1930
Stockwerksiedlung am Walchenseeplatz mit Carl Jäger, München-Giesing
1930
Selbstanschlussamt Geiselgasteig Oberpostdirektion München, Grünwald bei München
1931
Kleinwohnsiedlung Romanplatz mit Postamt Oberpostdirektion München, München-Nymphenburg
1931
Postamt Herrsching
mit Franz Holzhammer, Oberpostdirektion München, Herrsching am Ammersee
1932
Postamt Obing
mit Franz Holzhammer, Heinrich Götzger, Obing
1933
Mustersiedlung des Vereins Siedlungsausstellung München-Ramersdorf
1937
Postamt Reichertshofen
Franz Holzhammer, Oberpostdirektion Regensburg, Markt Reichertshofen
1940
Umbau einer Kantinenbaracke zum SS-Sturmheim Reichsbahnbaudirektion München
1940
Reichsbahnzentralamt München
Reichsbahnbaudirektion München, München-Maxvorstadt
1940-1945
Güterbahnhof in Großstadtvorort, Mechanisches Stellwerk Reichsbahnbaudirektion Mü̈nchen
1943
Bahnhof Oy-Mittelberg
Reichsbahnbaudirektion München, Oy-Mittelberg
1948
Landeszentralbank Bayern
mit Carl Sattler, München-Maxvorstadt
1953
MAN-Werksmuseum
mit Wilhelm Wichtendahl, Augsburg
1952-1960
Chemische Institute der TU München
mit Albin Steininger, Hannes Feldner, Universitätsbauamt Mün- chen, München-Maxvorstadt
1956
Anatomisches Institut Universitätsbauamt München, München
1956
Universitätskinderklinik
Universitätsbauamt München, München-Isarvorstadt
1961
Wohnhaus Pachtner München-Bogenhausen
Aufbauend auf eine selbstverfasste Liste im Nachlass Hanna Lövs im Archiv des Architekturmuseums der TUM findet sich in der Publikation “Regierungsbaumeisterin in Deutschland – Die Architektin Hanna Löv (1901-1995)“ von Laura Altmann ein um- fassendes Werkverzeichnis.